Heizen wird teurer: Prognosen der CO2-Preisentwicklung
Die CO2-Abgabe beträgt seit Anfang des Jahres 45 Euro pro Tonne. Doch die Höhe wird in den kommenden Jahren stark zunehmen, so die Prognosen. Seit 2021 müssen Unternehmen, die fossile Brenn- und Kraftstoffe wie Erdgas, Benzin, Diesel und Heizöl auf den Markt bringen, den CO2-Preis bezahlen. Dieser betrug zunächst 25 Euro, dann 30 und nun 45 Euro. Bis 2025 soll er auf 55 Euro steigen.
Die Unternehmen schlagen diese Kosten einfach auf die Verbraucherpreise drauf. Wegen der Energiekrise in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine setzte die Bundesregierung 2023 die schrittweise Erhöhung zwischenzeitlich aus, um Privathaushalte und Wirtschaft von steigenden Kosten zu entlasten.
Bisher hat die Politik den CO2-Preis vorgegeben. Grundlage dafür ist das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), beschlossen 2019. Dieses verpflichtet Unternehmen Emissionsrechte in Form von Zertifikaten zu kaufen, gemessen am Treibhausgas-Ausstoß, den ihre fossilen Brennstoffe verursachen. Für jede Tonne CO2 muss also ein Zertifikat abgegeben werden. Für die Sektoren Verkehr und Wärme hat Deutschland einen solchen nationalen Emissionshandel 2021 eingeführt.
Ab 2026 werden die Emissionszertifikate nicht mehr zu einem bestimmten Preis verkauft, sondern versteigert. Dabei gilt noch ein Preiskorridor von 55 bis 65 Euro.
Freier Handel bestimmt zukünftig den CO2-Preis
Ab 2027 soll die CO2-Abgabe für Verkehr und Gebäudewärme aber in ein europäisches Emissionshandelssystem (ETS 2) übergehen – der erste EUETS (Strom und Industrie) begann bereits 2005. Angebot und Nachfrage entscheiden dann über die Kosten für ein Zertifikat. In den vergangenen Jahren belief sich der Handelspreis für ein solches Emissionszertifikat im Schnitt auf 85 Euro pro Tonne.
Doch dieser dürfte tendenziell steigen, denn laut Vorgaben der EU-Klimaschutzverordnung werden die zulässige Menge des CO2-Ausstoßes und damit die Anzahl an Zertifikaten sinken. Damit erhöht sich der Druck für alle Teilnehmenden. Bis 2050 will die EU die Klimaneutralität erreichen. Als Zwischenziel sollen bis 2030 die Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent („Fit For 55“) verringert werden. Der CO2-Preis ist dabei ein wichtiges Instrument, Anreize für Energieeffizienz zu setzen und auf umweltfreundliche Alternativen umzusteigen.
Und wie hoch müsste theoretisch der CO2-Preis für die Sektoren Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfall und sonstige Industrie sein, um die Klimaziele 2030 zu erreichen? Auf 275 Euro je Tonne hat das Kopernikus-Projekt Ariadne am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Höhe in einer Prognose vom November 2021 veranschlagt. Eine weitere PIK-Studie aus 2023 kommt aber zu dem Schluss, dass der tatsächliche CO2-Preis wahrscheinlich bei 120 Euro im Jahr 2030 liegen könnte. Für 2050 seien 400 Euro je Tonne Kohlendioxid möglich.
Wie hoch der CO2-Preis ausfällt, lässt sich nicht genau vorhersagen, denn es ist unklar, welche Emissionsobergrenze die EU im Jahr 2027 erlaubt. Dies wird am 1. Januar 2025 bekannt gegeben.
Preisanstiege bis zu 400 Euro je Tonne
Aber es gibt Prognosen. Vier Institute – das Öko-Institut, das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, das Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien IREES und das Thünen-Institut – haben eine Studie im Oktober 2021 veröffentlicht. Auftraggeber waren das Bundesumweltministerium und das Bundesumweltamt. Die Autoren gehen darin von einer jährlichen Preissteigerung ab 2027 von 15 Euro aus. Die CO2-Abgabe würde somit 80 Euro in 2027 betragen und auf 275 Euro pro Tonne im Jahr 2040 steigen.
Laut dem Handelsblatt gibt es aber auch andere Prognosen, die schon im Jahr 2030 einen Preis von bis zu 340 Euro je Tonne ansetzen. Das EY-Netzwerk aus Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung geht davon aus, dass sich die Preise mittel- bis langfristig auf einem hohen Niveau befinden werden. „Auf lange Sicht, bis 2050, werden Preisanstiege bis zu 400 Euro/t CO2 vorhergesagt.“
Für Verbraucher bedeuten solche Steigerungen deutlich höhere Kosten im Alltag. Laut Frankfurter Rundschau würden die Ausgaben für eine Ölheizung in einem Einfamilienhaus bei einem CO2-Preis von 300 Euro um zusätzlich rund 1.500 Euro jährlich steigen. Für eine Gasheizung würde der Haushalt 1.200 Euro extra bezahlen müssen.
Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft
Die Unsicherheit über die zukünftige Höhe des CO2-Preises betrifft aber auch die Wohnungswirtschaft. Seit 2023 sind Vermieter verpflichtet, sich an den Kohlendioxidkosten des Gebäudes zu beteiligen. Zuvor mussten Mieter diese Zusatzkosten allein stemmen. Jetzt gilt: Je höher der Kohlendioxidausstoß des Gebäudes ist, desto stärker fällt der Kostenanteil für Vermieter aus. Das CO2-Kostenaufteilungsgesetz (CO2KostAufG) sieht für die Berechnung der Kostenbeteiligung ein 10-Stufenmodell vor. Weist das Gebäude eine gute Wärmedämmung auf und ist besonders energieeffizient, verringert sich entsprechend der Vermieteranteil.
Laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) betrugen 2023 die durchschnittlichen CO2-Kosten beim Heizen einer Wohnung mit Erdgas in einem Mehrfamilienhaus rund 67 Euro, bei einer Ölheizung 98 Euro. Das Handelsblatt rechnet vor: Bei einem Gebäude mit durchschnittlichem Heizenergieverbrauch dürfte der Vermieteranteil bei 30 Prozent liegen. Bei einer Ölheizung könnten es 50 Prozent sein, weil beim Verbrennen von Öl mehr Kohlendioxid ausgestoßen wird als bei Gas. Der Anteil des Vermieters an der CO2-Abgabe würde somit 20 Euro im Fall von Gas beziehungsweise 49 Euro bei Öl betragen.
Klimageld und Mieterhöhungen
Diese Beispielrechnung beruht auf einem CO2-Preis von 30 Euro je Tonne. Aber schon für das Jahr 2030 hält Matthias Kalkuhl einen Preis von 200 bis 300 Euro je Tonne denkbar – die finanzielle Mehrbelastung würde spürbar zunehmen. Der Spezialist vom Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) plädiert daher für die rasche Auszahlung eines Klimageldes, eine Kompensation für hohe Energiekosten, wie sie die Bundesregierung angekündigt hat.
Mit einem Preis von 275 Euro pro Tonne im Jahr 2030 hat Lukas Endres in einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung gerechnet. Darin äußert er die Vermutung, dass trotz eines möglichen Klimageldes einkommensschwache Mieter-Haushalte stark belastet werden. Schätzungsweise 20 Prozent der auf Vermieter umgelegten CO2-Kosten würden über Mieterhöhungen an Mieter weitergegeben.
Beim vorliegenden Text handelt es sich um Auszüge des Artikels „Prognosen der CO2-Preisentwicklung: von 30 auf 300 Euro – und mehr“ (von Arne Dettmann), welcher in der Fachpublikation „HKA“ Nr. 5-6 2024, 38. Jahrgang des Bundesverbands für Energie- und Wasserdatenmanagement e.V. (bved) veröffentlicht wurde.